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  • realfiktion
  • 7. Dez. 2024
  • 1 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Feb.

01.02.2020

Wir haben es nicht gewollt.

(1) Sommer 93: Berlin, offene Stadt. Erstes Mal hier; zielloses Herumlaufen, Einatmen der flirrenden Luft, Vorahnung von Freiheit, Versprechen einer anderen Welt, etc. Mit gerade mal 16 aber selbst zu verschlossen, um irgendwohin auszubrechen.

(2) Kampf der Utopien, links Hausbesetzungen, rechts lässt ein adliger Geschäftsmann (Landmaschinenhandel, Insolvenz 2004, BVK Erster Klasse 2014) auf dem Marx-Engels-Platz eine Schlossfassade aus Plastikplanen errichten: Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wiederhaben, Krieg den Hütten, Friede den Palästen, nur nicht dem der Republik. Erinnerung, vor dieser Attrappe zu stehen, Sommer 93, und mir sicher zu sein, dass sich, wenn auch jede andere, wenigstens diese Dummheit nicht durchsetzen wird.

(3) 27 Jahre später: da ist es, das Schloss, in zeitgenössischem Stilmix aus Disneylandbarock und Motel-One-Moderne. Der Geschäftsmann hat sich durchgesetzt (und nebenbei saniert).

(4) Ironie 1: Das Liebknecht-Portal gibt es damit jetzt sogar doppelt – als Revolutionsreliquie eingebaut im DDR-Staatsratsgebäude, und einmal nachgeahmt an alter Stelle im Neubau. Ironie 2: Just von diesem einzig erhaltenen Portal hat nicht Liebknecht den Sozialismus ausgerufen, sondern der Kaiser den Weltkrieg. Aber sonst stimmt’s. Denn, Ironie 3: Im ehemaligen DDR-Staatsrat residiert heute die private European School of Management and Technology, finanziert von Airbus, Allianz, Springer, Bayer, BMW, BDI, BDA, HypoVereinsbank, Deutscher Bank, Post, Telekom, EON, Gazprom, DIHK, KPMG, MAN, McKinsey, Münchner Rück, Bosch, Innogy, SAP, Siemens, Boston Consulting und Thyssen-Krupp. So wie Geschichte eben endet.

ree

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