- realfiktion
- 21. Dez. 2024
- 1 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Jan.
01.06.2023
(1) Turskis elftes Gebot auf den Tote Bags im Museumsshop: „Thou shalt not be indifferent.“
(2) Wenn Unmengen quasselnder Teenager ausgerechnet durch die stillen Räume der Ausstellung toben, die den Horror des Ghettos und der Vernichtung darstellen. Wenn sie manisch-gelangweilt auf den Exponaten herumdrücken und wischen, weil sie glauben, alles wäre irgendwie interaktiv-digital; wenn sie nach Sekunden blindlings weiterstürmen, weil sich nichts tut; wenn sie giggelnd und kreischend die abgedruckten Briefzitate der Sterbenden nachsprechen, die letzten hingekritzelten Hilferufe auf dem Weg nach Treblinka, als hätten sie noch nie etwas Lustigeres gelesen – #Youthhate
(3) Aber es sind die Lehrer, die sie in ein Museum schicken, das für Erwachsene entworfen wurde. Und es ist der Besucher aus Deutschland, der gut daran tut, die Backen nicht so dick aufzublasen – man kann nicht erst Genozidweltmeister sein und sich hinterher als Pietätsweltmeister aufspielen.
(4) Nichtmal vor der Horde, die sich, dirigiert von ihrer Lehrerin, auf das Ehrenmal für die Toten des Ghetto-Aufstands stellt, über die Kranzschleifen trampelt, sich in narzisstische Selfie-Posen wirft; Gruppenfoto für den Insta-Kanal der Schule.
(5) Wenigstens bin ich nicht diese Lehrerin: bedingte Gleichgültigkeit, Weisheit des Graubereichs. (Und Antifaschismus beginnt zuhause.)


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