12.01.2023


(1) Kleinstadt, dichte Blockrandbebauung, jedes Haus mit Repräsentationsfassade, Eingangstür, oft auch Fenstern und Blumenkübeln. Es fehlen nur der Briefkasten (Bitte keine Werbung!) und neben dem Namen der Klingelknopf – aber es ist halt ein Friedhof und die Häuser sind Familienmausoleen, von Leuten mit Geld und ohne Geschmack. Hinter den Gardinen: ihre Särge. Bisschen wie wenn man durch Eppendorf läuft.


(2) “Mr Bloom walked unheeded along his grove by saddened angels, crosses, 
broken pillars, family vaults, stone hopes praying with upcast eyes […]. More sensible to spend the money on some charity for the living. Pray for the repose of the soul of. Does anybody really? Plant him and have done with him. Like down a coalshoot. Then lump them together to save time.”

(3) Am Eingang ein Plan mit Gruftadressen von 100 argentinischen Prominenten – 97 mir völlig unbekannte Namen.

(4) “More interesting if they told you what they were. So and so, wheelwright. I travelled for cork lino. I paid five shillings in the pound. Or a woman’s with her saucepan. I cooked good Irish stew. […] Besides how could you remember everybody? Eyes, walk, voice. Well, the voice, yes : gramophone. Have a gramophone in every grave.”

(5) Auf ihren Dating-Profilen gehen sie ja auch gottweißwietief ins Detail, wenn es darum geht, sich als komplexe Person zu inszenieren (“I’m a cheesemaker, traveller, family constellations facilitator, into spiritual growth and a lover of life.”)

(6) Auf dem Grabstein bleibt aber nur der eigene Name, das unindividuellste, das man hat, schon vor Geburt längst fremdbestimmt: Der Nachname ist Erbmasse der Ahnen, kommt also von Leuten, die man nicht kennt, der Vorname ist elterliche Anmaßung, kommt also von Leuten, die einen nicht kennen. Warum nicht wenigstens alle fünf Jahre den Namen ändern? Man wechselt ja auch ab und zu die Wäsche.


(7) Wird der Mensch vom Schlangenkönig ausgespuckt oder gefressen? Beides! (Und dazwischen das Leben.)