- realfiktion
- 19. Dez. 2024
- 1 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Feb.
13.07.2022
(1) Wo es Sprechstellen gibt, scheint die Welt noch in Ordnung: – Anfordern – Hören – Sprechen – Stören. Aber es wird Zeit, diese Welt zu verlassen.
(2) Besuch Lüchow/Wendland: 1811 durch Brand komplett zerstört, etwas voreilig wiedererrichtet. Wie hingekleckert liegt es jetzt da, in dürrer flacher Landschaft. Empfohlene Aufenthaltsdauer: 60 Minuten. Empfohlenes Café: Keines. Alle Schilder lügen.
(3) Eine Stunde Fußweg hinter Lüchow das Rundlingsdorf Lübeln, alle Häuser angeordnet wie Benthams Gefängnis-Panoptikon. Verkauf von Marmelade, Heidelbeeren, Honig, Kartoffeln, Schlachtprodukten an Wochenendtouristen, mittwochs alles tot.
(4) Wer am Ende des Tages auf Bushaltestellen vertraut, die „Abzweig“ heißen, ist auf sich gestellt, mitten im Feld, weit abseits irgendeiner Ortschaft. Am Holztelefon lauscht man nur der eigenen Stimme im Wind. Der letzte Bus Richtung Ülzen brettert konsequent vorbei ohne uns mitzunehmen oder auch nur abzubremsen, auch kein Auto hält an, egal, wie weit ich meinen Rocksaum hebe.
(5) Warum auch? Wer es nach Ülzen schafft, hat nichts gewonnen. Und vielleicht muss das mit dem Reisen auch endlich einmal ein Ende haben – wo, wenn nicht hier? Reste von Sonnenstrahlen schräg über dem Horizont; wir richten uns im Feld ein Bett für die Nacht. Kann man nicht auch von Eicheln und Tauwasser leben? Gut und gerne?
(6) „Die letzten Spuren der schimmernden Dämmerung sinken auf den dunklen Abend nieder, und doch ist es erst Mittag. Bald werden wir bedeckt sein von Weizen.“

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