- realfiktion
- 20. Dez. 2024
- 1 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Feb.
19.09.2022
(1) „Now I sit with different faces / In rented rooms and foreign places / All the people I was kissing / Some are here and some are missing – “
(2) In den fünf Minuten Fußweg entlang Wyckoff Avenue an gut dreißig Leuten vorbei, die stehenbleiben, ihre Handys aus der Tasche ziehen und genau ~dieses~ Foto machen. Die billigen Tricks der Natur: Sonnenuntergänge, Regenbögen, Nachthimmel, wie bei einem Unfall kann man nicht wegschauen, findet schön.
(3) Überhaupt: Man muss zwanghaft immer alles irgendwie finden, wenn man mal verreist, Vergleiche ziehen, Eindrücke beurteilen, hier und dort und einst und jetzt, und nie ist das eigentlich besonders ergiebig.
(4) Sonderfall: Schwer erklärbarer Hang, immer noch zu den Orten und Menschen von früher zu pilgern, obwohl sich alles weiterbewegt und verschoben hat, sie, man selbst und das Dazwischen. Obwohl man gar nicht mehr in Bushwick wohnt. Obwohl auch alle weggezogen sind, die man kannte. Und obwohl Nostalgie doch dick macht!
(5) Aber alle früheren Besuche sind immer unsichtbar präsent und in den fünf Minuten Wyckoff Av kann man einem Dutzend früherer Schattenversionen seiner selbst begegnen, mit allen erinnerten Wahrnehmungen, Stimmungen, Verbindungen, Gefühlen, von gut bis grässlich alles dabei, erfahren und erinnert als Teil der Substanz des eigenen Lebens. (Das, zusammengerührt, genau dies ist, und nichts mehr.)
(6) Von dieser kleinen Privattranszendenz abgesehen hat das Café an der Ecke Wyckoff/Himrod objektiv gute kleine Kuchen. Aber die nächsten Reisen müssen neue Ziele haben.


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