27.07.2025

(1) „Diese Worte waren dermaßen unerwartet und blöd, dass Stjopa beschloss, sich verhört zu haben.“ (Der Faust-Stoff bei Bulgakow natürlich zehnmal besser als bei Thomas Mann)

(2) Das iPhone löscht unerwartet und blöd bei Update die gesamte Musikmediathek; die App, mit der man sein Fährticket nach Tallinn löst, funktioniert auch nicht: wenn man auf “Bestätigen” klickt, wird stattdessen storniert. Ich will aber weg. Denn die Typen in Helsinki sehen sämtlich aus wie der ehemalige Abteilungsleiter. Der mit der ostentativen Bürgerlichkeit. Der, dem Hölderlin und Marktwirtschaft so teuer waren. Der, der sich immer so gewählt auszudrücken zu pflegen beliebte. Der, dem irgendwann ein liberalkonservativer Embonpoint wuchs. Ei, kiitos.

(3) Ostentative Antibürgerlichkeit, ach: wohin hat sie mich gebracht?

(4) Selbstbild als Randfigur, die Bücher liest und es zu nichts gebracht hat. Dabei immerhin „Tynset“ wiederentdeckt und auf die Reise mitgenommen. Wirkt 2025 klarer als 1995 – und nochmal klarer als 1965, als die Horsts und Reinharts unter den Rezensenten (nein: alle!) angestrengt übersehen wollten, welches Ich da spricht. Niemand wollte erkennen, was ihnen aus dem leeren Mittelpunkt entgegenstarrt, selbst dann noch, als es ihnen durch Hildesheimer von A bis z vorbuchstabiert wurde, später.

(5) „Warte nur! Bald sind wir wieder da!“ – jetzt. 2025 viel klareres Verständnis der Müdigkeit und Dunkelheit und Einsamkeit dieses überlebenden Ichs, weil die Zerstörung, die begonnen hat, so unausweichlich scheint, dass man fürchten muss, dass es auf der Welt keinen guten Ort mehr geben wird, selbst wenn man persönlich am Leben bleiben sollte. Weil das Gute, wenn es einmal aus dem Leben verschwunden ist, nicht mehr zurückkommt.

(6) Vor dem Gang an Bord noch Kirchenarchitektur besichtigt, maßvoll beeindruckt. Offenkundig sind Kirchenlieder auf Finnisch aber noch schwerer erträglich als auf Deutsch. Oi, oi, oi!

(7) Worte am Fährterminal. Beschließe, mich verlesen zu haben.