- realfiktion
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27.12.2025
(1) Das darf einem allerdings nicht passieren: von einem Neider in den Abgrund gestürzt und knapp vor dem Aufschlag auch noch in ein Rebhuhn verwandelt zu werden – von einer angeblich wohlmeinenden Göttin. Bruegel bringt einen hinterher vielleicht in einem seiner Bilder unter, aber die harte Wahrheit ist: als Rebhuhn verliert man automatisch viele wertvolle Kompetenzen (z. B. Frühstück, Sauna, Rauchen). Nicht gut.
(2) Daher dringender Rat, auf dem Hotelbalkon nicht zu nah am Geländer zu stehen, und Neid am besten schon dadurch auszuschließen, dass man im Leben schlicht keinen Erfolg zustande bringt. Versuche wenig, erreiche niemanden, hinterlasse kein Erbe, sei einfach eine durch nichts wieder gutzumachende Enttäuschung für dich selbst.
(3) Auch: Vorsicht vor Ingenieuren, die seit Daedalus eigentlich durch die Bank charakterschwach geblieben sind.
(4) Das Palast-Grandhotel am Strand von Oostende erfüllt meine Wünsche: zerbröckelnder Stuck, verdüsterter Glanz, vergangene Größe, Korridorfluchten mit Overlook-Vibes. Es hat, wie ich, die besten Jahre hinter sich, und im Abstieg versuchen wir gemeinsam Würde zu bewahren – vor allem, indem wir unseren Preis hoch halten. Surreal, weltentrückt, lächerlich hoch.
(5) In Bruegels Bildern auch viel von der Glitschigkeit des Lebens, dem nur scheinbar Spielerischen, den offenen Fallen, der menschlichen Blindheit für Unglück. Dass das Ungeheuerliche geschieht und niemand Notiz nimmt, dass die alltäglichen Ereignisse weitergehen, die Toten am Rande.
(6) Selfie auf Marmorbalkon, vom Salzwind verwittert und mit bedenklichen Rissen – darüber endloser Himmel und weit draußen eine Kolonne von Frachtern, die die ganze Nacht nicht abreißt.


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